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Eine Weinreise nach Asti (Teil 1)

So kann es auch kommen: Kaum hat man einen eigenen Weinblog und ehe man sich’s versieht, sitzt man ein paar Monate später in einem Flieger nach Mailand auf dem Weg zu seiner ersten organisierten Weinreise ins Piemont. Darauf war ich so wenig eingestellt, dass ich es erst richtig geglaubt habe, als mir die Flugtickets zugeschickt wurden.

Ich wurde auf eine vier-tägige Erkundungsreise nach Asti vom Consorzio Per la Tutela dell’Asti eingeladen. Asti ist, gerade in Form von Cinzano und Martini, in Deutschland bekannt und war darüber hinaus in der Vergangenheit nicht unbedingt mit Qualität verbunden gewesen. Das möchte das Konsortium verständlicherweise ändern.

Die Region

Aber erstmal für die, denen „Asti“ gar nichts sagt, von vorne. Asti ist eine Stadt im Piemont, welches im Nord-Westen Italiens liegt.

credit: Tschubby (Creative Commons)

Piemont bedeutet übersetzt „am Fuß der Berge“, was sehr passend für diese Region ist, da man innerhalb weniger Autostunden mitten in den Alpen stehen kann. Gleichzeitig ist man fast genauso schnell an der ligurischen Mittelmeerküste. Diese beiden Gegensätze machen die Region rein klimatisch unglaublich spannend.

Wenn es um Wein geht, wird das Piemont eigentlich immer im gleichen Atemzug mit den beiden berühmten Appellationen „Barolo“ und „Barbaresco“ genannt. Die Region hat allerdings noch viel mehr zu bieten.

Die Gebiete Langhe, Roero und Monferrato sind seit 2014 UNESCO World Heritage.

Das Ziel der Reise war die Vorstellung der beiden Appellationen „Asti DOCG“ & „Moscato d’Asti DOCG“. Beides sind hocharomatische, leichte und fruchtige weiße Perl- bzw. Schaumweine.
Obwohl sie beide aus der gleichen Rebsorte gekeltert werden, gibt es doch große Unterschiede. Also stellen wir diese doch mal vor.

Asti (Spumante) DOCG

Die Basis beider Weine ist der „Moscato Bianco“, der international wahrscheinlich am bekanntesten unter dem Namen „Muscat Blanc à Petit Grains“ und in Deutschland als „Gelber Muskateller“ ist. Relevant daran ist, dass der Moscato Bianco eine „Bukettsorte“ ist. Die Weine dieser Appellation sind hauptsächlich bekannt als „Asti Spumante“ (spumante = schäumend gegenüber „frizzante“ = perlend), da sie mehr als 3,5 bar Druck haben müssen. Der Großteil dieser Weine wird als süßer Schaumwein („dolce“) vertrieben, weshalb der Name „Asti“ vor allem mit süßen Weinen in Verbindung gebracht wird. Aus gutem Grund, denn Asti Spumante dolce ist der weltweit meist getrunkene süße Schaumwein.

Es existieren zwar auch Asti Spumante, die „secco“ (dry) oder sogar „brut“ sind, allerdings gibt es gerade für letzteres kaum einen Markt und dementsprechend nur ca. 20 Winzer innerhalb des Konsortiums, die diese Weine erzeugen.

Eine weitere Nische sind Asti die nach der „Metodo Clasico“ (méthode champenoise) gemacht werden. Allerdings gibt es innerhalb des Konsortiums, welches 52% der Erzeuger und 96% der abgefüllten Flaschen umfasst, nur etwa fünf bis sechs Erzeuger, die diese Methode verwenden. Dies liegt daran, dass diese Form der traditionellen Flaschengärung den Weinen eine gewisse Stoffigkeit, aber auch die typischen Briochenoten verleiht. Etwas, was insbesondere bei Champagner sehr gefragt ist und vor allem sehr gut funktioniert, aber bei Asti Spumante auf wenige Fans trifft.

Drucktanks für die Charmat-Methode bei Martini&Rossi.

Deutlich verbreiteter ist die Charmat-Methode, auch Martinotti-Methode, nach seinem Erfinder Federico Martinotti genannt. Im Gegensatz zur Metodo Clasico wird hier der Grundwein nicht bereits in die Flasche gefüllt und mit dem Tiragelikör zur zweiten Gärung gebracht. Stattdessen findet die Gärung in großen Drucktanks statt. Ein längeres Hefelager, wie bei der traditionellen Flaschengärung, wirkt sich nicht unbedingt vorteilhaft auf den Wein aus. Der Moscato Bianco enthält im Vergleich zu anderen Rebsorten eine hohe Konzentration des Duftstoffes „Linalool“, einem chemischen Element aus der Gruppe der „Terpene“. Die Winzer arbeiten während der Lese penibelst auf den richtigen Lesezeitpunkt hin, um eine möglichst hohe Konzentration an Terpenen in der Traube zu erreichen. Dies gilt es dann zu bewahren und das gelingt besser unter Verwendung der Martinotti-Methode. Günstiger ist sie übrigens auch.

Geschützte Ursprungsbezeichnungen und Appellationen, wie in diesem Fall Asti DOCG, zeichnen sich auch in gewisser Weise immer durch ein bestimmtes Geschmacksprofil bzw. eine charakteristische Stilistik aus. Ein großer Teil der Stilistik dieser Weine ist es, die Typizität der Rebsorte zu bewahren.

Asti Spumante ist in Deutschland, dank großer Player wie Martini&Rossi und vor allem auch Cinzano, ein sehr verbreiteter Wein. Etwa 13% des Exportvolumens an Asti Spumante geht nach Deutschland. Nur Russland importiert mit 22% noch mehr.

Moscato d’Asti DOCG

Moscato d’Asti ist, im Gegensatz zum deutlich bekannteren Asti Spumante, kein Schaumwein, obwohl er Kohlensäure enthält. Er fällt rein rechtlich unter die Kategorie „Perlwein“, wird aber von den Winzern nicht als „frizzante“ verkauft, da diese Angabe nicht verpflichtend in den Richtlinien der Appellation festgeschrieben ist. Frei nach dem Motto „Moscato ist Moscato“. Das wohl wichtigste am Moscato d’Asti ist allerdings seine geschmackliche Ausrichtung. Moscatos sind fruchtsüß! Dank des sehr niedrigen Alkoholwerts haben Moscatos durchschnittlich zwischen 120 und 150 g/l an Restzucker. Das Schöne an diesen Weinen ist allerdings, dass sie zwar wirklich sehr süß sind, die leichte Perlage aber dafür sorgt, dass sie nicht klebrig werden. Menschen, denen süßer Wein wirklich nicht schmeckt, entgeht hier zwar definitiv etwas, wer allerdings denkt, er würde seine Weinkennerschaft dadurch bekunden, dass er keine süßen Weine trinkt, der tut mir ohnehin leid.

Der Moscato d’Asti ist darüber hinaus extrem niedrig im Alkohol, da die Gärung bei etwa 5% Alkohol durch Kältetechnologie gestoppt wird. Da dies allerdings, wie beim Asti Spumante, in einem Drucktank geschieht, bleibt die Gärkohlensäure im Wein und sorgt so für das leichte Prickeln beim Trinken. Im Gegensatz zum Asti Spumante muss beim Moscato d’Asti der Jahrgang genannt werden.

Von dem, was ich innerhalb dieser einen Woche erfahren und mitgenommen habe, sind die beiden Weine dafür gemacht jung getrunken zu werden. Wenn man im gesamten Weinbereitungsprozess darauf hinarbeitet die sehr aromatische Art des Moscatos perfekt und unverfälscht auf die Flasche zu bringen, dann ist die Bildung von Tertiäraromen, die im Zuge der Reife entstehen, uninteressant. Dass es aber doch geht, erzähle ich im zweiten Teil, wenn ich ein bisschen von meinen persönlichen Favoriten berichte.

Was Exportstatistiken beim Moscato d’Asti angeht, fällt sofort auf, dass mit 71% der mit Abstand größte Teil in die USA exportiert wird. Warum das so ist, weiß ich ehrlich gesagt nicht, aber, da der amerikanische Gaumen ja ohnehin an größere Mengen Zucker gewöhnt ist, könnte ich es zumindest absolut nachvollziehen, warum Moscato dort so viel Anklang findet. Und wer hier in Deutschland schon mal den amerikanischen „Barefoot Moscato“ im Supermarkt gekauft und probiert hat, der weiß spätestens nach seinem ersten richtig guten Moscato d’Asti, dass es sich lohnt, entweder Säure und Phenolik (siehe Riesling Kabi, Spätlese etc.), oder Säure und Bubbles (siehe Moscato d’Asti) mit hohem Restzucker zu kombinieren. Dann kann das richtig Spaß machen.

Je kleiner die Herkunft, umso …

Was im Burgund schon seit dem Mittelalter praktiziert wird, ist in den letzten beiden Jahrzehnten auch im Weinland Deutschland angekommen. Seitdem klassifiziert man Weine nicht mehr nach dem Zuckergehalt des Mostes, sondern nach der Qualität ihrer geographischen Herkunft. Dies wird unter dem Begriff „Lage“ bzw. „Cru“ erfasst.

Wenn es in Italien ein Weinanbaugebiet gibt, das intensiv mit Einzellagen arbeitet, dann ist es das Piemont. „Brunate“, „Monfortino“, „Paje“, „Bricco Boschis“ usw. gehören zu den besten Einzellagen für Barolo und Barbaresco, so wie „La Tâche“, „Chambertin“ und „Clos de Vougeot“ für Pinot Noir aus dem Burgund oder „Morstein“, „Hermannshöhle“ und „Kirchenstück“ für Riesling GGs aus Deutschland (name dropping over). Das wird es bald auch für Moscato d’Asti geben.

Das italienische Wort „sorí“ bedeutet übersetzt so viel wie „lächeln“ bzw. „von der Sonne geküsst“ und umschreibt einen Steilhang. Es soll künftig als Bezeichnung für einen Moscato d’Asti „Cru“ verwendet werden. Wer die Weine des Barbaresco-Meisters Angelo Gaja kennt, dem dürfte sein größter Wein „Sorí Tildin“ ein Begriff sein.
Einen sorí Moscato stelle ich ebenfalls in Teil 2 vor, aber ich kann jetzt schonmal vorwegnehmen: Das ist nicht nur modische Anpassung an übernationale Dynamiken im Weinbau, sondern hat definitiv einen Sinn.

Was ich gelernt habe

Unterschiedliche Weine erfordern unterschiedliche Schlussfolgerungen, also versuche ich mich mal daran.

Wer ernsthaft Asti Spumante mit Champagner vergleicht, der tut dasselbe wohl auch mit Äpfeln und Birnen. Asti Spumante ist kein Schaumwein, der über Jahrzehnte auf der Hefe liegen will und der auch nicht unbedingt super reift, aber das will er auch gar nicht sein. Als wir bei Martini&Rossi waren, konnten wir die gigantischen Stahltanks mit hunderttausenden Litern unvergorenem Traubenmost begutachten. Diese werden bei Temperaturen um den Gefrierpunkt gelagert und erst vergoren und abgefüllt sobald es eine konkrete Bestellung gibt. Das alles wird getan um diese charakteristische Fruchtigkeit und Aromatik des Moscatos beizubehalten, weshalb die Weine eigentlich so frisch wie möglich sein sollen.

Asti Spumante ist ein sehr mehrheitsfähiges Getränk. Es gibt nur sehr wenige Produzenten, die sich wirklich an einer anderen Interpretation der Appellation versuchen. In vielerlei Hinsicht sind einem, was das angeht durch Appellationstypizität, aber auch durch die natürliche Beschaffenheit der Rebsorte, ein wenig die Hände gebunden. Da haben es Winzer anderer Weine schlicht einfacher. In der Nachbarappellation Alta Langa oder auch in der weiter entfernten Franciacorta werden Weine nach dem Vorbild Champagne aus Pinot Noir und Chardonnay gemacht. Diese sprechen einfach mehr auf unterschiedliche Herangehensweisen beim Ausbau an und ermöglichen es so, dass einzelne Winzerinnen und Winzer eine eigene Handschrift entwickeln können.

Auch wenn Asti Spumante auf den ersten Blick nicht besonders innovativ und spannend daher kommt, hat er absolut seine Berechtigung in der Weinwelt. Ich persönlich bin aber durch diese Reise deutlich mehr Fan vom Moscato d’Asti geworden. Dieser Wein hat einige Eigenschaften, die meiner Meinung nach viel ungeahntes Potenzial haben.

1. Moscato kann reifen. Vielleicht nicht so lange wie andere Weine, aber, wenn er gut gemacht ist, entwickelt er sich unglaublich spannend.
2. Die Kombination aus viel Frucht, knackiger Säure, Bubbles, einem Alkoholgehalt von 5 – 6 % und viel Restzucker trinkt sich unanständig schnell. Wer fruchtsüße Kabis mag, der sollte auch mal Moscato d’Asti probieren. Natürlich ist es nicht das Gleiche, aber es bedient, zumindest für mich, die gleichen Reize.
3. Er ist ein sehr guter Wein für die Kombination mit Essen. Ich bin hier wirklich nicht der Sommelier, aber für mich hat selten etwas so unfassbar gut zusammengepasst wie Moscato d’Asti und der piemontesische Nusskuchen „Torta di nocciole“.

Aber auch jenseits der Dessert-Welt ist er wohl sehr gut mit hellem Käse, scharf gewürztem Essen, aber auch teilweise zu leichten Fischgerichten kombinierbar.

Es lohnt sich sich mal mit diesen Weinen zu beschäftigen. Und ich kann auch nur wärmstens empfehlen, mal selbst ins Piemont zu fahren. Denn kulinarisch ist das wirklich ein Wahnsinnsort.

Weitere Eindrücke und vor allem auch meine Lieblingsweine gibt es dann im zweiten Teil.

Offenlegung: Es handelt sich bei diesem Beitrag nicht um bezahlte Redaktion. Dennoch bin ich auf diese Reise eingeladen worden und meine Anreise, Unterkunft und Versorgung wurden übernommen.

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