Seit letzter Woche bin ich arbeitslos … Na ja, jedenfalls bin ich kein Student mehr … okay gut, ich hab mein 1. Staatsexamen geschafft. Mir fehlen zwar noch zwei Prüfungsergebnisse, aber basically bin ich durch und habe endlich wieder Raum, Zeit und Luft zum Durchschnaufen. Das Jahr war lang, anstrengend und hat mir wenig Zeit zum Blogschreiben gelassen. Hoffentlich kann ich bis Ende des Jahres noch ein paar Texte schreiben, die sich in den letzten Monaten angestaut haben. Aber vorher kommt erstmal ein kleines Update und nächste Woche dann das Highlight des Weinjahres.
Sizilien
Einen großen Urlaub gab es dieses Jahr nicht wirklich, aber dafür immer wieder kleine Trips und Reisen. Im Februar war ich mit meiner Freundin zusammen auf Sizilien. Für mich war es das erste Mal dort, aber sie kennt sich dort ganz gut aus und so hielt ich mich ein bisschen bei der Reiseplanung zurück. Besonders Cefalù, Palermo und Taormina gefielen mir sehr gut. Dort verbrachten wir auch ihren Geburtstag und weil das hier ein Weinblog ist, erzähle ich natürlich davon, was wir anlässlich dort getrunken haben.

Allucà 2023 von Barone Sergio ist ein sizilianischer Methode Ancestral vom Muskateller. Salz, Meerwasser, nasser Stein, ein bisschen „windig“, Apfelschale, sehr zitrisch, Grapefruit, tatsächlich etwas Basilikum und ein ganz bisschen reduktiv. Wild, aber in wirklich, wirklich gut und hielt sich zu zweit etwa eine halbe Stunde lang. (€€)
Ein weiteres Highlight der Reise war die Fahrt nach Randazzo hoch in Richtung Ätna. Wir waren dort für eine Besichtigung bei der dortigen Domäne von Donnafugata. Das Weingut hat insgesamt vier lokale Domänen verteilt auf der Insel plus eine weitere auf der kleinen Insel Pantelleria. Über Donnafugata, ihre Geschichte und die verschiedenen Weinstilistiken auf Sizilien könnte man eigentlich mehrere eigene Beiträge schreiben, aber das dann vielleicht ein andermal. Besonders gut gefiel uns der klassische Etna Bianco „Sul Vulcano“ 2021, der für mich wie guter Meursault in rauchiger schmeckt. Man mag ja vom Begriff „Terroir“ halten was man will, aber aromatisch sind Weine vom Ätna ganz eindeutig rauchig und das ist schon sehr besonders in der Art.

Straßburg

Ich war noch nie im Elsass, also musste ich mal da hin. Dank Staatsexamen und Bachelorarbeit gab es für meine Freundin und mich dieses Jahr keinen größeren Sommerurlaub, aber die vier Tage in Straßburg haben wir trotzdem sehr genossen. Dreieinhalb Stunden Autofahrt und schon hat man das Gefühl, als wäre man sehr viel weiter in den Süden gefahren, denn im Elsass ist es warm. Sehr warm. Wir waren dort Mitte-Ende Juni und kamen in den Genuss von 35 °C und gefühlt noch mehr. Aber es hat sich sehr gelohnt, denn Straßburg ist eine unglaublich schöne Stadt. An einem der Tage ging es auf einen Tagestrip nach Colmar, wo es ebenfalls extrem hübsch ist. Und wenn man dann noch eine kleine Bootstour mit Wasserpistolenschlacht erlebt, lässt es sich auch in der knallenden Sonne aushalten. Kulinarisch kann man nicht wieder fahren ohne Flammkuchen gegessen zu haben, aber das muss ich hoffentlich niemandem mehr erzählen.
Beim Wein hadere ich immer noch etwas mit dem Elsass. Ja, Zind-Humbrecht kann total Klasse sein und die Pinots von Albert Mann sind extrem gut, aber der Großteil der Weine, die im Gebiet erzeugt werden, sind mir meistens zu schwer. Ich wollte den Muscat Grand Crus und den herkömmlichen Riesling Grand Crus nochmal eine Chance geben, aber wirklich happy war ich damit nicht.

Zum Glück gab es in Colmar einen Laden, der auch unkonventionellere Weine im Sortiment hatte und so stieß ich auf Pierre Frick. Für die unter euch, die firm im Naturwein-Game sind, wird das jetzt nicht neu sein, aber ich fand das sehr erfrischend und anders. Sein Pinot Noir „Rot Murlé“ 2022 startet schlank, grün und flüchtig, fächert aber dann in eine sehr schöne Kräutrigkeit auf. Am Gaumen ist das quasi dem Zeitgeist der low-intervention Fans entsprechend sehr juicy mit toller Sauerkirschfrucht, etwas saurer Himbeere und einem sehr feinen Gerbstoff nach hinten raus. Der Reduktionsstinker hält sich für meine Nase in Grenzen, aber Zartbesaitete sollten den Wein vielleicht lieber am Vortag aufmachen, denn dann gibt sich das recht bald. Bisschen wild, aber sehr lecker. (€€€)
Wandern entlang der Lieser
Zwei Tage nachdem ich die Spanien Masterclass gehalten hatte, war ich wirklich reif zum Abschalten und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn man irgendwie die ganze Zeit fünf verschiedene Dinge gleichzeitig im Kopf balancieren muss, freut man sich über so etwas wunderbar Monotones wie Wandern gehen. Ein Fuß vor den anderen – listen and repeat. Meine ursprüngliche Idee als Möchtegernpilger ein paar Etappen vom Jakobsweg zu gehen verwarf ich dann doch schnell wieder, nachdem mir gesagt wurde, wie warm es da unten im Juli wird. Ich kann mich zwar mit 50er-Sonnencreme und Kappe in Colmar mit Eis und Kaltgetränk durch die Stadt schleppen, aber Tagesmärsche bei diesen Temperaturen sind nicht meine Kernkompetenz. Was kommt dem Jakobsweg also am nächsten, erfordert aber keine 8 Liter Wasserkonsum pro Tag um das Schwitzen auszugleichen? Natürlich der ähnlich berühmte Lieserpfad von der Quelle in der Vulkaneifel bis zur Mündung in die Mosel.

Jeder von euch darf jetzt zu Recht fragen, ob ich denn schon Ü60 bin, aber ich steh dazu. Gerade heutzutage wo wir dauerhaft erreichbar sind und täglich auf neue Maxi Riedel Videos bei Instagram warten, tut es einfach extrem gut, wenn man mal das Handy wegpackt und einfach ein bisschen durch einen ruhigen Teil der Welt läuft. Das muss nicht die Eifel sein, aber versteht das gerne als Aufruf an euch die Multifunktionsjacken, Wanderrucksäcke und die überstylishen festen Schuhe aus dem Keller zu holen. Vielleicht nicht direkt im verregneten Oktober, aber ab März-April gibt es keine Ausreden mehr. Mein Ziel war es vier Tage zu laufen und am Ende in Lieser bei Schloss Lieser einen Wein zu kaufen. Auf die Art bin ich quasi die ganze Zeit mit einer metaphorischen Angel in der Hand rumgelaufen, an der ich mir selbst den Köder „Schloss Lieser Spätlese“ gehängt habe. Wenn mir sowas häufiger gelänge, wäre ich sicherlich produktiv bis zum Gehtnichtmehr. Riesling-Konditionierung.

Nach knapp 80 Kilometern in vier Tagen kam ich dann mit kaputten Füßen und Rucksack in Lieser an und durfte meine Belohnung einheimsen – auf in die Vinothek von Schloss Lieser. Wer den Blog schon länger verfolgt, weiß wie sehr ich die Weine mag. Eins der schönsten Erlebnisse mit trockenem Riesling hatte ich mit Niederberg Helden GG 2016. Umso toller war es jetzt, dass mich die liebe Frau Haag neben dem aktuellen Sortiment auch noch ein paar Schatzkammerweine probieren ließ – unter anderem die Spätlese aus gleicher Lage und gleichem Jahrgang und ich sogar eine Flasche davon kaufen konnte. Der Wein ist mal wieder ein Plädoyer für 2016, denn obwohl er schon erste Reifenoten entwickelt hat, sehe ich da das Ende der Fahnenstange noch längst nicht erreicht. Sehr schön! (€€) Und selbst wenn die Ruhe im Kopf nach vier Tagen mit minimalem Smartphonekonsum nicht genug sein sollte, dann wenigstens mit gutem Moselwein.

Kibbeling und Riesling
Es gibt die Art Urlaub bei dem man erstmal eine Woche ankommen muss, um in den Entspannungsmodus zu kommen, dann hat man noch eine Woche entspannte Zeit zum Regenerieren und dann geht’s schon wieder nach Hause, obwohl man jetzt eigentlich nochmal eine Woche Urlaub gebraucht hätte. Und dann gibt es diese Orte an denen man den Zustand der Entspannung schon nach einer Nacht erreicht. Das ist Holland für mich. Meine Familie fährt mit mir dorthin seit ich denken kann. Man kennt dort nahezu alles, muss sich nicht erst irgendwo neu zurechtfinden und das Hirn beginnt bereits nach 15 Minuten Fietsentour, einem Grimbergen Dubbel, ordentlich Kibbeling und Meerblick mit dem Arbeitszeitbetrug. Morgens früh ordentlich Hagelslag auf die Rosijnenbollen und ab dafür. Ich liebe Holland. Holland ist fantastisch.

Als herbstliches weinhaltiges Spaßgetränk habe ich mir eine Flasche Rebholz Biengarten Riesling 1G 2020 mitgenommen als Einstimmung auf die 2020er Riesling GG Probe, die ich in ein paar Tagen veranstalte. Urtypisch Rebholz: Kernig, schlank, trocken mit einer sehr hübschen aber dezent gereiften Frucht und sehr frischer Säure. Das macht Bock auf mehr! (€€)
Eine Antwort auf „Aufatmen“
⚡ One click to install and start modeling: Football prediction software download with ready-made templates, backtests, and alerts synced to your bookies.