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€€ Weintagebuch

Clos de Midi 20 – Arnaud Lambert

Chenin Blanc ist meiner Meinung nach in Deutschland komplett unterschätzt. Das liegt wahrscheinlich zum größten Teil daran, dass hier kaum welcher wächst, was irgendwie auch verständlich ist. Er ist quasi so etwas wie das französische Pendant zum deutschen Riesling (ohne zu vergessen, dass einige der besten Rieslinge im Elsass wachsen). Wenn er jung ist, hat er eine unglaublich schöne Primärfrucht ohne unbedingt viel Restzucker zu haben, er kann, gut gemacht, sehr gut reifen und er zeigt sehr gut den Standort auf dem wächst.

Die relevantesten Anbaugebiete sind die Loire in Frankreich und Südafrika, wobei ich die Rebsorte mit einigen der besten Vertretern aus dem süd-westlichen Teil von Südafrika kennen und lieben gelernt habe. Allerdings gelten global gesehen die französischen Vertreter aus dem Saumur immer noch als “der Klassiker”, weshalb ich jetzt mal einen klassischen Vertreter von hier probieren wollte.

“Clos de Midi” ist eine Einzellage in der Gemeinde Brézé in Saumur. Die Reben sind im Schnitt 40 Jahre alt und stehen teilweise auf so genanntem “Tuffstein”, der dem klassischen Kalk ähnelt. Der Wein ist im Stahltank und im Betonei ausgebaut und wird ungeschwefelt gefüllt.

Im Glas

Frisch geöffnet riecht der Wein sehr expressiv und erinnert erstmal mehr an naturtrüben Apfelsaft mit Alkohol, aber auch wieder anders als Cidre. Kalkböden bringen für mich immer einen kühlen kreidigen Ton, den ich hier auch wiederfinde. Mit ein bis zwei Tagen Luft im Kühlschrank macht er dann richtig auf und präsentiert sich längst nicht mehr so apfelig. Am Gaumen zeigt er eine straffe Säure, ein wenig phenolischem Grip und eine dezent süße Frucht ohne dabei tatsächlich süß zu schmecken (0,9 g/l RZ). Am 4. und 5. Tag und mit viel Luft kommen dann zwei geruchliche Eindrücke dazu, die erstmal sehr verwirren, aber nicht zwangsläufig stören. Der erste ist die Riesling-typische Petrolnote, die ich bei Chenin einfach nicht vermutet hätte. Der zweite ist ein leichter Eindruck von Gras…und zwar das zum Rauchen…wild, aber nicht schlecht. Insgesamt enttäuscht der Wein frisch geöffnet sehr, macht dann aber mit einer Nacht im Kühlschrank sehr auf und wird richtig gut. Trotzdem wirkt die Stilistik ein bisschen wild, weshalb ich wahrscheinlich ein paar ultra-klassische Vertreter der Region probieren sollte. (€€)

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