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€€€ Weintagebuch

Der doppelte Bourgogne Blanc

Bisher habe ich zwei Chardonnays im Blog besprochen. Der erste war der Premium-Bourgogne Blanc von Olivier Leflaive, der andere war Peter Alan Finlaysons Clay Shales aus Südafrika. Während der Bourgogne Blanc mich damals mit Begeisterung und Enttäuschung gleichzeitig leicht ratlos hinterlassen hatte, kam ich beim Crystallum aus dem Staunen kaum wieder raus.

Dienstagabend habe ich mich mit einem Weinfreund getroffen und wir haben zwei Weine blind probiert. Was eigentlich nur ein Abend im Zeichen des Chardonnays sein sollte, entpuppte sich recht schnell als Gegenüberstellung zweier Bourgogne Blancs, allerdings in zwei sehr unterschiedlichen Interpretationen.

Die Weine

Domaine de la Madone Bourgogne Blanc 2020

Im Vorhinein war nur klar, dass es um Chardonnay geht, damit musste ich schon mal nicht groß an der Rebsorte rumrätseln. Mein erster Eindruck war: Man hat das viel Nutella in der Nase. Das war wirklich eine Nussigkeit, an der ich schlecht vorbeitrinken konnte. Der Wein hatte Substanz, ein solides Säuregerüst und leichte Cremigkeit. Aber richtige Harmonie kam irgendwie nicht auf. Dafür war der Holzeinsatz zu dominant. Das gab sich leider auch nicht über ein paar Stunden mit mehr Luft.

Als dann aufgelöst wurde, dass es Bourgogne Blanc war, war ich erstmal etwas verwirrt, weil alle Bourgogne Blancs, die ich bisher probiert habe, deutlich eleganter im Umgang mit Holz waren. Auch die recht typische Kombination aus kreidiger Mineralik und leichter Reduktion hatte ich so gar nicht gefunden. Und dann ergab das Ganze auch etwas mehr Sinn, denn der Wein ist zwar ein Bourgogne Blanc, aber einer aus dem Beaujolais, das andere Bodengeologien und auch andere Weinbereitungspraktiken hat als die klassische Côte d’Or. Darüber hinaus ist die Domaine de la Madone auch nicht unbedingt bekannt für ihre Chardonnays, denn der große Fokus liegt hier, oh Wunder, auf Gamay bzw. sogar ein bisschen auf Viognier. Für Bourgogne Blanc ist der Preis dafür sehr untypisch niedrig, aber bei den größeren Erzeugern der Côte de Beaune spielt er eher nicht mit. (€)

Sylvain Pataille Bourgogne Blanc „Les Méchalots“ 2017

… ist ein eher ungleicher Gegner, aber wir haben die Weine abseits der Rebsorte ja auch nicht aufeinander abgestimmt. Eigentlich ist das ein abgestufter Marsannay Village, allerdings haben die jungen Reben für den Wein nach Meinung des Winzers noch nicht das Potenzial für mehr. Da spielt sicher auch noch mit rein, dass es in Marsannay keine Premiere Crus und Grand Crus gibt, sondern nur Village-Lagen. Damit hat der Village Wein natürlich dann gleich einen höheren Stellenwert.

Ich habe den Wein eine Stunde vorher schon geöffnet und verkostet. Der erste Eindruck macht Lust auf mehr. Diese wunderschöne Balance aus leichter Reduktion, dezentem Holzeinsatz, Nussig- und Kreidigkeit holt mich voll ab. Orangenschale, Bergamotte, grüner Tee und auch ein bisschen Popcorn passen sehr gut zur grundsätzlichen hellen Art des Weins. Am Gaumen hat er einen schönen, saftigen Säurezug und ein wenig Extraktsüße, dafür eher wenig schmirgelnde Phenolik. Das liegt vielleicht auch daran, dass Sylvain Pataille bei dem Wein grundsätzlich auf Maischestandzeit verzichtet. Zupackend ist der Wein trotzdem.

Drei Jahre mehr auf der Flasche haben selbst diesem Basis-Wein aus sehr gutem Jahrgang gutgetan. Das schmeckt viel frischer als sechs Jahre Reife. Wenn das nicht so verdammt teuer wäre, könnte ich doch noch zum Fan werden … (€€€)

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