Kategorien
€€ €€€ Weintagebuch

Die Sache mit dem Holz

Oxidativer Ausbau in Holzfässern finde ich sehr häufig spannend. Gut gemacht können Winzer den Wein damit noch um eine weitere geschmackliche Dimension erweitern. Erstbelegung, Zweitbelegung, weingrüne Fässer – eine Frage der Präferenzen. Während Burgunderrebsorten, Godello, Marsanne, Roussanne, Viognier, Chenin Blanc und viele weitere Rebsorten regelmäßig zumindest teilweise im Holz, und teilweise auch im neuen Holz, ausgebaut werden, gibt es Rebsorten, bei denen dies eher seltener getan wird. Riesling gehört zum Beispiel dazu.

Geschmack vs. Textur

Ja, ja man kann hier mit gutem Gewissen einhaken und an die lange Tradition der Moselfuder erinnern, aber eigentlich ist das hier nicht gemeint. Denn hierbei geht es nicht darum dem Riesling eine leicht cremige Textur zu verpassen, wie man es mit beispielsweise Chardonnay gerne tut. Riesling wird auf der Welt u.a. für sein straffes Säuregerüst geliebt und gehasst. Abgesehen von 15-20 Jahre alten Rieslingen habe ich noch nie trockene Rieslinge gefunden, die ich wirklich guten Gewissens als “cremig” empfunden habe. Im Alter kann sowas gern mal kommen, aber alles an Riesling mit (teils) neuem Holz, das ich kenne, entsprach nie wirklich diesem Attribut.

Ich persönlich trinke hin und wieder gerne die Rieslinge vom Weingut von Winning, die viel mit Holz arbeiten, und störe mich da nur selten an dem starken Holzton. Allerdings sind auch die von Winning Weine nicht wirklich cremig, sondern entsprechen eher der Kategorie “Breitwandweine”, was nur positiv gemeint ist. Wer leise, zurückhaltende oder extrem schlanke Rieslinge mag, der wird damit vermutlich nicht so viel anfangen können, aber ich finde, man sollte mal einen jungen Pechstein probiert haben. Das Zeug hat so viel Power, dass man sich erstmal kurz wieder sammeln muss, aber irgendwie hat das meiner Meinung nach was wirklich besonderes.

Die Weine

Ich habe mir für heute zwei Weine rausgesucht, die ich auch in diese Kategorie der holzdominierten Rieslinge stecken würde. Einer davon ist Knipser Riesling “Halbstück” 2016. Ein Halbstück fasst 600 Liter und hat somit deutlich weniger Kontaktfläche im Vergleich mit Barriques und Piéces, also auch weniger geschmackliche Auswirkung. Das Besondere an diesem Wein ist, dass das Weingut ihn immer erst nach mehreren Jahren Flaschenreife auf den Markt bringt. Der aktuelle Jahrgang ist gerade 2017.

Der zweite Wein ist der Terra Montosa “patientia” 2018 vom Weingut Georg Breuer. Der Terra Montosa ist immer eine Lagencuvee aus den Einzellagen des Rüdesheimer Bergs + dem Nonnenberg in Rauenthal. Wenn ich mich richtig erinnere ist in 2018 noch kein Lorcher Pfaffenwies mit drin. Der Name bedeutet wortwörtlich “Bergiges Land” und steht damit repräsentativ für die Steillagen, die einfach mehr Charakter und geschmackliche Intensität besitzen als die flacheren Lagen. “Patientia” bedeutet “Geduld” und bezieht sich auf die Tatsache, dass diese Abfüllung gegenüber des “normalen” Terra Montosa nochmal für ein weiteres Jahr auf der Hefe im Holz liegt und ebenfalls danach noch etwas Flaschenreife bekommt.

Im Glas

Auch Knipsers Halbstück bestätigt mich in meiner Beobachtung, dass Holz sich rein geschmacklich und kaum “haptisch” auf Riesling auswirkt. Der Wein wirkt als 2016er abermals erstaunlich jugendlich und hat sicher noch einige Jahre der “Besserung” vor sich. Was das Holz allerdings bewirkt ist, dass der Wein deutlich dunkler von der Aromatik ist. Man kann ihn offen verkostet dennoch ganz gut als Pfälzer Riesling einordnen, da er einfach etwas breitschultriger als beispielsweise der typische Rheingauer ist. Mir gefällt das sehr gut. (€€)

Der Breuer verwirrt mich dann erstmal komplett. Frisch geöffnet und auch nach einigen Stunden hat das für mich in der Nase erstmal deutlich flüchtige Säure, etwas wogegen ich nicht per se allergisch bin, aber was ich beim Probieren auf dem Weingut definitiv nicht hatte. Seltsamerweise hatte ein Freund mit dem ich die beiden Weine probiert habe diese flüchtige Säure gar nicht. Das hat mich dann so irritiert, dass ich erst dachte, dass ich lieber nicht über den Wein schreibe, falls an dem Tag irgendwas mit meiner Nase nicht in Ordnung war, oder die Flasche vielleicht doch fehlerhaft war. Am Gaumen war das allerdings deutlich “normaler”. Nach zwei Tagen im Kühlschrank wirkt der Wein sehr viel mehr wie ein typischer Rheingauer. Allerdings tatsächlich mit etwas breiteren Schultern, dafür mit fast keinen Bittertönen, die sonst so häufig problematisch bei 18er Rieslingen sein können. Auch das gefällt mir gut. Ein mittelgroßes Fragezeichen verbleibt aber doch. (€€€)

Anmeldung zum Newsletter

Trag dich ein, um freitags jede Woche benachrichtigt zu werden, wenn ein neuer Beitrag gepostet wurde.

Wir senden keinen Spam! Erfahre mehr in unserer Datenschutzerklärung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert