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€€ Weintagebuch

Dreifaches Wein-Update

Nachdem der Wein in den letzten Wochen echt häufig zu kurz gekommen ist, kommt heute einfach die dreifache Portion. Diese Weine habe ich in den letzten zwei Wochen probiert und kann endlich ein paar meiner Gedanken dazu teilen. Los geht’s!

Der Julian kann’s wohl …

Über das Thema Gutsrieslinge und warum ich sie selten mag, habe ich ja inzwischen schon ein paar mal was geschrieben. Deswegen habe ich jetzt beschlossen, dass ich immer, wenn mir ein Gutsriesling über den Weg läuft, der mir wirklich gefällt, ihn hier im Blog erwähne. Den Anfang machte damals der 21-er Riesling vom Löss von den Seckingers. Was den Hype rund um ein Weingut angeht, wird es beim heutigen Wein wohl eher nicht besser, aber er kann scheinbar auch echt was, der gute Julian …

Wein Nr. 1 ist der MoselRiesling 2022 vom Weingut Julian Haart. Julians Weine werden bei Instagram eigentlich dauerhaft hoch und runter gepostet. Was das angeht, wird er eigentlich in Deutschland nur noch von seinem Lehrer Klaus-Peter Keller übertroffen. Das weckt zwar schon das Interesse, ob bzw. was sich hinter den Weinen verbirgt, aber andererseits will man ja auch nicht immer nur mit dem Strom mitschwimmen. Als ich dann aber vor ein paar Monaten einen sehr schönen Podcast mit dem guten Julian gehört habe, bin ich dann doch zu neugierig geworden. Ich hatte Glück und habe offenbar den Zeitraum erwischt, in dem man mal was bekommen kann und konnte so drei Flaschen Gutsriesling ergattern.

Frisch geöffnet wirkt der Wein erstmal wie ein sehr typischer, nicht ganz trockener Mosel Riesling – was das angeht dem Namen alle Ehre gemacht. Die typischen Steinfrucht- und Schiefernoten in der Nase, das vibrierende Spiel von Süße und Säure und der leichte phenolische Biss eines so jungen Weins passen einfach gut zusammen. Mit ein paar Tagen Luft im Kühlschrank wandelt sich das dann aber nochmal recht deutlich. Er entwickelt eine deutliche Kräutrigkeit, tatsächlich etwas Petrol, sowie einen klaren Grapefruitton. Selbst die leicht oxidative Art stört mich nicht, die er inzwischen angenommen hat. Das hat auf einmal viel mehr Substanz und verweist damit einen sehr großen Teil aller Gutsrieslinge in die Holzklasse. In der Hinsicht tut es auch gar nichts zur Sache, dass der Wein mit 11% sicher nicht komplett trocken ist. Denn er wirkt wie ein Gutswein, der aber auch gut bei Ortsweinen mithalten würde und nicht wie ein restsüßer Kabi. Super Gutswein. Kann man ruhig hypen, wenn man will. (€)

Naturwein aus Tuffsteinhöhlen

Naturwein ist eine große Sache im Tal der Loire. Viel habe ich bisher noch nicht davon probiert, aber als mir vor ein paar Monaten von einer mir bekannten Sommeliere von den Weinen der Domaine de la Grapperie erzählt wurde, war ich dann doch sehr interessiert.

Das Weingut liegt 30 km nördlich von Tours. Hier bewirtschaftet Renaud Guettier etwa 6,5 ha Weinberge. Manche seiner Reben sind inzwischen bis zu über 100 Jahre alt. Auf diese ist er ganz besonders stolz. Seine Weine werden bei der Weinbereitung ohne umpumpen und nur mit Falldruck bewegt, sie werden niemals geschönt und kommen ohne zusätzlichen Schwefel auf die Flasche. Das setzt eine penibel genaue Selektionsarbeit im Weinberg voraus. Es wird nur das geerntet, was physiologisch reif, aber nicht faul ist. Ausgebaut werden die Weine in gebrauchten Holzfässern, die in einer Tuffsteinhöhle lagern.

Ich habe mir den Adonis 2021 heute für den Blog ausgesucht. Der Name kommt vom Wortspiel mit der Rebsorte Pineau d’Aunis, einer sehr alten autochtonen Sorte von der Loire. Sie steht heute noch auf ca. 300 ha in der Touraine und erfreut sich eigentlich keiner großen Bekanntheit. Trotz der unterschiedlichen Schreibweise hat sie leider auch gar nichts mit der Familie der “Pinots” zu tun. Auch ihr zweiter Name “Chenin Noir” ist ziemlich irreführend, denn genetisch ist sie nicht mit dem Chenin Blanc verwandt, obwohl dieser ebenfalls in der Gegend sehr verbreitet ist.

Ich wusste eigentlich nichts über die Rebsorte, als ich den Wein in Händen hielt und musste bald feststellen, dass es auch gar nicht mal so viele Infos zu ihr online gibt. Gefunden habe ich letztendlich einen interessanten kleinen Artikel von Gero von Randow aus der Zeit. Er ist leider hinter der Paywall, aber ich war neugierig genug ihn trotzdem lesen zu wollen.

Ich habe den Wein mit zu einer Grillparty genommen, weil ich etwas leicht gekühltes Rotes ganz passend fand. Eigentlich war ich mit der Erwartungshaltung dorthin gegangen, dass ich die Flasche weitestgehend für mich alleine haben werde. Die Kombination aus der sortentypischen Pfeffrigkeit und einem sehr niedrigen Alkoholgehalt von 11% und der damit absolut nicht überbordenden Reife klangen in der Theorie nicht unbedingt als besonders kompatibel mit Leuten, die so was nicht gewohnt sind. Manchmal ist es auch ganz schön, wenn man mal danebenliegt – die Flasche war eigentlich zu viert nach 20 Minuten leer.

Ja, das war in der Nase tatsächlich sehr pfeffrig mit ein bisschen Tabak und so einer Idee von roten Früchten, aber am Gaumen hatte das eine wirklich überragende animierende Art. Denn der Wein war trotz seines niedrigen Alkoholgehalts nicht aggressiv grün, hatte kaum Gerbstoff, war auf eine spannende Art reserviert aber nicht karg und hatte dabei aber noch so eine schöne dezente rote Frucht. Menschen, die sonst eigentlich nie Rotwein trinken würden, fanden auf einmal dann doch einen Zugang dazu. Die Flasche war eigentlich so schnell leer, dass ich gar keine vernünftige VKN schreiben konnte, aber manchmal ist das ja auch ein eindeutiger Indikator für einen guten Wein. Ich leite gerne einen Kontakt zu meiner Händlerin weiter, denn man findet sonst keine Angebote über wine-searcher.com. (€€)

Kühlschrankkalter Rotwein

Zu guter Letzt ist mal wieder Barbera dran. Eigentlich sind alkoholstarke Rotweine schwerlich was für den Sommer. Wer den Tag über in einer überhitzten Dachgeschosswohnung sitzt, der freut sich wahrscheinlich eher über einen schönen Kabi oder so (wenn’s denn nicht gerade doch der Aperol Spritz ist) als über Rotwein bei “Zimmertemperatur”. Was macht man da? Man packt den Rotwein und stellt ihn in den Kühlschrank. Klingt komisch, kann ich aber absolut empfehlen. Na ja, ein bisschen Einschränkungen muss ich vornehmen. Den jungen tanninstarken Bordeaux würde ich ehrlich gesagt nicht in den Kühlschrank tun, es sei denn man hat ein besonderes Faible für ausgetrocknete Mundhöhlen. Denn da ist der Haken. Tannin funktioniert nicht gut mit niedrigen Temperaturen – meiner Erfahrung nach.

Während ich bei der Piemont-Probe aus dem April mich noch sehr skeptisch geäußert hatte, als es um die Tauglichkeit mancher piemonteser Rotweine für den Einsatz als Kühlschrankrotwein, kann ich das jetzt bei diesem Wein zu 100% empfehlen. Also, um was geht’s denn. Es gibt Barbera d’Alba 2021 vom Weingut Trediberri.

Trediberri ist ein Projekt von Federico Oberto, seinem Sohn Nicola und dem gemeinsamen Freund Vladimiro Rambaldi. Seit 2007 bewirtschaften sie inzwischen knapp 26 ha Weinberge rund um La Morra in der Barolo-Appellation. Nicola erzählt, dass es sehr befreiend ist, nicht mit einer riesigen Familiengeschichte und einer schon vollständig geprägten Erwartungshaltung Wein zu machen. Sie arbeiten viel mit Betontanks zur Weinbereitung und versuchen sich in der Hinsicht von der typischen Einteilung in Modernisten und Traditionalisten freizumachen.

In der Nase ist das wunderschön kirschig und rotfruchtig, bringt aber auch ein bisschen Teer mit, das man sonst eher vom Nebbiolo kennt. Der Wein hat 14,5% Alkohol und obwohl die jetzt nicht stark brandig schmecken, lohnt sich es einfach sehr den Wein gekühlt zu trinken. Am Gaumen zeigt sich das sehr straff, mit einer schönen Säure, einem ganz dezenten Gerbstoff und sehr viel Frucht. Das ist eher die alltägliche, trinkige Interpretation vom Barbera, wenn man ihn mit Cavallotto, Conterno oder Voerzio vergleicht. Aber einen Conterno würde ich jetzt auch nicht kühlschrankkalt trinken. So ist das einfach guter, solider Stoff. (€)

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