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Weintagebuch

Ein Weißwein für Nerds

Seit einigen Monaten schiebe ich jetzt schon eine Geschichte vor mir her, die ich unbedingt hier erzählen möchte. Allerdings bin ich von dem, was ich mir bis jetzt dafür zusammengeschrieben habe, nicht wirklich überzeugt und finde mich auch als Hobbyblogger in so etwas wie einer Schreibblockade wieder. Und was macht man, wenn man bei einem Projekt keine Fortschritte macht? Richtig, etwas anderes. Also schreibe ich jetzt erstmal über Weine und Themen, die mir leichter von der Hand gehen. Bis zum Ende des Jahres habe ich das aber wieder hoffentlich im Griff.

Urlaubseinstimmung

Nächste Woche geht es für mich nach Andalusien. Wahrscheinlich eine meiner absoluten Lieblingsregionen, in denen ich je war. Während ich aber früher dort “nur” an Meer, Strand und Essen interessiert war, ist heutzutage natürlich auch noch der Wein dazu gekommen. Eigentlich ist die Region ja hauptsächlich für Sherry berühmt, aber abseits davon gibt es scheinbar noch einige andere Weine zu entdecken. Der heutige ist so gesehen ein Erstkontakt in diese Region.

Der Wein

Heute geht es um den Forlong Blanco 2022 von der Bodega de Forlong. Dieser ist ein trockener Stillwein aus der Rebsorte Palomino Fino, die sonst nur in der Sherry-Produktion eingesetzt wird. Alejandro und Rocío Áspera bedienen hierbei eine Nische, die in Deutschland bisher noch sehr unter dem Radar fliegt. Lou von “bringflavorhome” und ihr Freund Willi Schlögl haben zwar schon häufiger mal in ihren Kanälen über Sherry und dessen Vielseitigkeit gesprochen, aber trotzdem geht’s in den Gesprächen rund um spanischen Wein immer eher um Rioja, Ribera oder das boomende Galizien, als um andalusischen Weißwein abseits vom Sherry.
Auch ist Willi daran Schuld, dass ich bei Nennung dieser spanischen Region immer an “Schmusien in Andalusien” denken muss … und das, obwohl ich da schon viel länger hinfahre als ich Terroir&Adiletten höre.

Im Glas

Der Wein bringt mir eine wichtige Erkenntnis. Oxidativ und so eine recht typische “natural”-Nase ist nicht das Gleiche. Denn das ist zu Beginn wirklich sehr oxidativ und erinnert schon ein wenig an Sherry. Aber insgesamt wirkt der Wein schon sehr unaufgeregt und geradlinig – allerdings mit eher untypischen Aromen. Orangenschale, Kräutertee, Akazienhonig … klingt alles erstmal mehr nach Dingen, die man während einer Erkältung zu sich nimmt – nur halt viel besser. Der Wein wirkt sehr filigran, fast leicht. Er bringt dennoch eine präsente Intensität mit, die im Abgang wirklich zum Vorschein kommt. Im Mittelteil könnte er gern etwas mehr zeigen, aber für einen Basiswein sind das vielleicht zu hohe Anforderungen. Obwohl der Wein geschmacklich recht wenig Säure zu haben scheint, hat er eine echt erstaunlich salzige Mineralik und das, obwohl Palomino eigentlich gar nicht besonders dickschalig ist. Spannend.

Wer hier einen “normalen” Weißwein vermutet, der wird wahrscheinlich sehr enttäuscht sein. Aber für einige könnte das eine echte Horizonterweiterung sein. Und das schafft dieser Wein, ohne dabei nur auf so einer intellektuellen Ebene zu funktionieren. Manche Weine probiert man und denkt sich im Anschluss: “Ah ja … interessant, aber bräuchte ich jetzt nicht nochmal.” Das hier hat Charakter und bringt richtig Trinkfluss mit – wenn man denn bereit ist viel Abstand von bekannten gefälligen Formen zu nehmen. (€)

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