Das Schöne am Riesling ist, dass er auch blutjung schon großartig sein kann. Dabei wird in Kreisen von großen Erzeugern eigentlich immer über die Verbraucher geschimpft, die die Weine immer zu früh trinken und dass Deutschland die Kultur der gereiften Weine, wie in Frankreich, fehlt. Ich finde zwar, dass da etwas dran ist und man einige Weine einfach nicht in ihrer besten Form erwischt, wenn man sie sehr jung trinkt, aber trotzdem finde ich jungen trockenen Spitzenriesling mit Ecken und Kanten ziemlich großartig.
Jahrgang 2021
Von Mai bis Juni habe ich in der Südpfalz Praktikum gemacht und selbst mitbekommen, wie kühl und verregnet der Jahrgang sein konnte. In gewisser Weise ist er in der Tat eine Abwechslung von den drei Hitzejahrgängen 18, 19 und 20, etwas, das man, angesichts des Klimawandels, in Zukunft seltener erleben wird. Allein deshalb war die Erwartung auf einen „spätreifen“ säurereicheren Jahrgang groß. Für die süßen Prädikatsweine scheint es wirklich ein grandioser Jahrgang geworden zu sein, allerdings im trockenen Bereich sieht es etwas anders aus. Da ich nicht jedes Jahr in Wiesbaden sitze und alle Großen Gewächse durchprobiere, muss ich mich auf die Erfahrungsberichte von Weinjournalisten, Punktetabellen der Kritiker und aber auch auf die wenigen 21er, die ich selbst bisher schon im Glas hatte, beschränken und verlassen. Allerdings sind das wirklich noch nicht so viele, weshalb ich das im heutigen Beitrag ein bisschen aufzuarbeiten versuche.
Der Wein
Es gibt Hohen-Sülzen 1G 21 vom Weingut Battenfeld-Spanier. Ausgesucht habe ich den Wein aus dem simplen Grund, dass er von Sam Hofschuster, dem Verkoster für „wein.plus“ 92 Punkte bekommen hat. Das klingt erstmal nicht nach einer wahnsinnig spektakulären Bewertung, aber wenn man weiß, dass Hofschuster deutlich knauseriger mit Punkten umgeht als die Kollegen Pigott, Reinhardt etc., und man darüber hinaus bedenkt, dass das Kirchenstück GG aus demselben Weingut quasi gleich hoch bewertet ist, dann wird das, gerade zum Preis dieses Weins, direkt interessanter.
H.O. Spanier bewirtschaftet seine Weinberge im südlichen Wonnegau und im an die Pfalz grenzenden Zellertal sowohl biologisch als auch biodynamisch. Er gehört in der deutschen Weinszene sicherlich zu den prominentesten Persönlichkeiten, weshalb ich nicht zu viele Worte über ihn persönlich verlieren werde.
Im Glas
Der erste Eindruck in der Nase ist zitrisch, aber vor allem massiv kreidig. Dahinter kommt Steinobst, Minze und noch ein bisschen Schwefel, was bei einem so jungen Wein nicht untypisch ist. H.O.s Stil von relativ kargen, mineralischen und kräutrigen Weinen scheint auch hier durch, allerdings will die Rebsorte sich jetzt noch nicht von ihrer unglaublich charmanten Frucht verabschieden. Trotzdem würde ich den Wein als steinig und tief bezeichnen. Am Gaumen schlägt natürlich erstmal die Säure durch, allerdings nicht so stark wie ich es jetzt nach den ganzen gelesenen Berichten aus Wiesbaden vermutet hätte. Dahinter schiebt sich wieder die leicht süßliche Frucht durch, begleitet von etwas Hefigem. Es gibt Weine, die sind dunkel, rauchig, fast schon etwas mysteriös. Das hier ist hell und glockenklar. Was einem besser gefällt, muss man selbst entscheiden, aber ganz abseits von Präferenzen finde ich das hier im Glas echt stark. Im Abgang dominiert dann wieder die Säure zusammen mit etwas Mineralik/Phenolik, die dem ganzen etwas mehr Textur verleiht.
Mir fehlt die verkosterische Erfahrung um zu prognostizieren wie der Wein sich entwickeln wird, aber mir gefällt die straffe Säure und diese steinige Stilistik ziemlich gut. Die zweite Flasche wird dann in ein paar Jahren geöffnet. Man darf gespannt sein. (€€)