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€€€ Weintagebuch

Burgund in weiß ist teurer … Stoff

Heute gibt es ganz klassischen Chardonnay aus dem Burgund.

Das Manko mit Burgundern

Abgesehen von zwei sehr guten Chablis’ ist das hier mein erst zweiter Burgunder in weiß. Nicht unbedingt weil ich die Weine nicht besonders mag, eher weil die meisten “Gutsweine” im Burgund sich auf dem Preislevel von Ortsweinen bis hin zu “kleineren” Großen Gewächse aus Deutschland bewegen. Da mag mancher jetzt “schnappatmend” protestieren und zahllose burgundische Winzer aufzählen, die durchaus gute Preis-Leistungsverhältnisse bieten und daran will ich auch gar nicht zweifeln. Allerdings verhält sich das genauso wie mit den RAFlern (Erläuterung im letzten Beitrag) und dem Thema Standortvorteil/Insider-Wissen. Ich bin was Burgund angeht völlig unerfahren und hab mich noch nicht kreuz und quer durch die Côte d’Or verkostet oder kenne alle jungen aufstrebenden Winzer im Maconnais, die noch nicht dank ihres Namens oder ihres prestigeträchtigen Lagenportfolios die Preise nach oben treiben können. Ich bekomme entweder Tipps von Leuten, die Erfahrung haben oder probiere einfach mal blind drauf los. Letzteres ist hier bei diesem Wein passiert.

Der Wein

…ist Olivier Leflaive Bourgogne Blanc “Les Sétilles” 17; sowas wie Bourgogne Blanc (Gutswein) auf Steroiden. Die Trauben kommen zwar aus mehreren Dörfern im Burgund, allerdings stammt der Großteil aus Puligny-Montrachet und Meursault, die wahrscheinlich weltweit zu den allerbesten Gemeinden für Chardonnay zählen. Location, location, location… Der Wein liegt für drei Monate im Tank und neun Monate im Holz (12% neues Holz). Laut Parker war 2017 ein absoluter Über-drüber-Jahrgang im Burgund, aber da ich nichts zum Vergleich habe, kann ich das eigentlich nur so hinnehmen.

Im Glas

Die Nase springt einen quasi sofort an; reife Birne, tropische Noten, Zitronenschale, süße Frucht die sehr Richtung Popcorn driftet; leicht buttrig aber zum Glück nicht so stark wie es ein Kalifornier vor einiger Zeit mal hatte. Der Holzfasseinsatz ist unglaublich elegant (so hatte ich das zuletzt bei von Winning und bei Friedrich Becker probiert). Die momentan so beliebte Reduktion finde ich hier gar nicht. Am Gaumen wird es schmelzig, wobei mir da jetzt erstmal definitiv die Säurestruktur fehlt…das Gefühl legt sich ein wenig während der Wein wärmer wird, aber trotzdem ist der BSA deutlich schmeckbar. Der Abgang ist eher kurz aber intensiv und von der salzigen Phenolik geprägt. Es wäre spannend das mal mit mehr Druck und ein kleines bisschen knackigerer Säure zu sehen…wobei das geht im Burgund ja dann tendenziell ganz schnell ins Dreistellige.
Zusammenfassend finde ich die Nase traumhaft. Der Gaumen lässt mich seltsam begeistert und enttäuscht zugleich zurück. Man erkennt was die Weine für ein Potential haben, aber es ist und bleibt ein Gutswein. Es ist toller Wein, aber leider einfach zu einem schaurigen Preis-Leistungsverhältnis…selbst für Burgund. (€€€)

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2 Antworten auf „Burgund in weiß ist teurer … Stoff“

Was mir bei den Hinweisen auf Weißweine aus Burgund immer fehlt, ist ein stringentes Konzept, ab wann man eine echte Trinkempfehlung aussprechen kann. Nach meiner Erfahrungen wartet man bei den im Barrique ausgebauten Weißen entweder zu lang, dann ist das Holz zwar zurückgedrängt, aber nach meiner Erfahrung auch die Frucht, und damit das, was für mich für einen guten Weißen steht, „dahin“. Im anderen Fall, beim zu frühen Trinken eines im Barrique ausgebauten Weins, schmeckt der Wein nach Holz – schlimm genug! Wer beißt schon gerne in ein Stück Holz. Call me old-fashioned, aber das brauche ich wirklich nicht, da ist mar jeder Riesling lieber. Und, nicht vergessen, bei den Burgunder-Preisen sind wir an Rhein und Mosel im Bereich der Großen Gewächse. Und da ist der Vergleich kein Vergleich mehr.

Das kann ich gut verstehen. Wobei ich persönlich Weißwein nicht nur auf die Eigenschaft “frucht” reduzieren würde. Einige der tollsten Weißen die ich bisher probieren konnte waren relativ fruchtarm und zeichneten sich eher durch Struktur von Säure, Gerbstoff und Phenolik aus. Gleichzeitig bin ich bekennender Riesling Fan, unter anderem weil er so eine tolle Frucht hat. Holz kann wunderbar auch in weiß eingebunden sein, aber auch ich beiße ungern auf eine Sperrholzplatte. Schlimmer wird es nur wenn der Wein länger gereift ist und dabei die Frucht komplett verloren hat, aber gleichzeitig noch reichlich Holztannin übrig ist. Die fehlende Substanz hat dann was von Bilderrahmen ohne Bild drin. Solange man sein Verständnis von großem Wein nicht davon abhängig macht, dass er im Holz gelegen hat, kann ich mir nicht vorstellen, dass das dann richtig gut sein kann.

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