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€€€ Meinung Weintagebuch

Waldboden und Weinbrand

Im Burgund brennts … im übertragenen Sinne. Hoch gelobt und überall gefeiert, aber nicht immun gegen die Klimaerwärmung. Was das mit den Weinen machen kann, zeigt der heutige Pinot.

Achtung: Dieser Beitrag kann Spuren von Satire enthalten.

Wein und Klimawandel: Einerseits ein “brennendes” Thema, andererseits kann man es auch nicht mehr hören. Hierzulande tut man das Thema häufig damit ab, dass alles endlich in jedem Jahr reif wird und beim Thema Rotwein aus anderen Ländern sind sowieso viele längst auf das Burgund umgesattelt und spenden deshalb gefühlt alle drei Monate ihre nächste Niere. Was an der Rhône passiert, kümmert in meiner Bubble wenige, weshalb man sich auch nicht so sehr um die Zukunft des Anbaugebiets kümmern muss. Lieber wird bei Pinot mit 12.5% auf die Finesse abgehoben, als dass man versucht zu argumentieren, dass die 15.5% in dem Châteauneuf-du-Pape doch eigentlich ganz gut eingebunden sind. Außer beim Piemont, da wird genau das gemacht und ich bin auch noch mit dabei, denn ich will mich da gar nicht groß freisprechen. Vor zwei Wochen kam dann aber für mich das böse Erwachen in Form des heutigen Weines.

Der Wein

Gefeiert für seinen archetypischen Burgunder-Stil jenseits von Reduktionshype usw. hatte ich mir viel von meiner Flasche Pommard 1er Cru 2019 von Jean Javiller erwartet. Bestellt hatte ich damals den 18er, aber der war wohl zum Zeitpunkt meiner Bestellung schon ausgetrunken, also bekam ich den 19er. Erstmal kein Problem dachte ich … (zensiertes Fluchen)! Kein schlechter Korken, kein Mäuseln, kein gar nichts … außer 15% Alkohol … im Pinot. Auch vor zwei Jahren als ich ihn gekauft hatte, habe ich die Hände überm Kopf zusammengeschlagen. So lag der Wein die ganze Zeit herum und ich grübelte darüber, ob das funktionieren könnte. Nachdem ich ihn jetzt getrunken habe muss ich leider sagen: “Auf keinen Fall! Dann lieber doch 12% und ‘karg'”. Während mir Rainer Marx’ “Marx is Muss”-Pinot mit 14% noch extrem gut gefallen hatte, muss ich einfach hier einen Strich ziehen.

Im Glas

Brandig und Waldboden. Das ist für mich die Essenz dieses Weins. Man erahnt in der Nase was das eigentlich für eine wunderschöne Finesse haben könnte, wenn oben drüber nicht diese dicke Schicht puren Alkohols schwebte. Es macht den Wein keineswegs untrinkbar, aber viel Alkohol und subtile Waldboden-, Kirsch- und Himbeeraromen passen einfach nicht zusammen. Bei so etwas wie Barbera oder Freisa (und teilweise auch bei Nebbiolo) funktioniert das meiner Erfahrung nach meistens viel besser, da diese Weine mit so unglaublich viel betörender Primärfrucht um die Ecke kommen, dass der Alkohol dann doch nicht so stark auffällt. Aber im Pinot ist Primärfrucht ja leider Kitsch und muss bekämpft werden … (€€€)

Warum das ganze?

Dieser Wein ist schon so etwas wie ein Warnsignal für mich gewesen: Auch das Burgund, everybody’s darling, ist nicht sicher vor der Erderwärmung. Sicher sind auch dort noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft um mit den veränderten Gegebenheiten eines Hitzejahrs wie 2019 umzugehen zu können, aber auch jetzt geht schon mal ein Wein in die Hose, wenn man nicht aufpasst. Wem Waldboden und Weinbrand schmeckt, der hat aber womöglich goldene Zeiten vor sich. Ich versuche so wenig wie möglich auf diesem Blog über Weine zu schreiben, die mir nicht gefallen. Eigentlich interessiert das nämlich niemanden wirklich, was ich nicht mag. Im heutigen Überfluss an guten Weinen, sucht man sich lieber Leute, die einem dann nochmal die Rosinen rauspicken, nicht diejenigen, die einem auflisten, was man nicht trinken sollte.

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