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€€€ Weintagebuch

Chris Alheit kann es einfach

Ich singe heute einfach mal ein Loblied auf einen meiner absoluten Lieblingswinzer. Das ein oder andere Mal verfalle ich vielleicht in skurrile Formulierungen oder habe eigenartige Ideen, aber das macht den heutigen Wein nicht weniger grandios.

Thema Lieblingswein

Selbst nach zwei Jahren Wein habe ich schon festgestellt, dass man eigentlich nur schwerlich einen oder zumindest recht wenige Weine nennen kann, die man als absolute Lieblinge benennen könnte. Natürlich gibt es die beiden persönlichen 100-Punkte Rieslinge und noch einige andere Weine, die einen qualitativ komplett von der Platte putzen, aber trotzdem werden diese Weine nicht wirklich zu so etwas wie einem zeitlosen “all-time favourite”, sondern bleiben eher als grandiose Monumente in der imaginären Trophäenkiste liegen.

Bei Winzern bzw. Weingütern sieht das ganze schon wieder anders aus. Manche schaffen es einfach besser als andere jahrgangs- oder sogar rebsortenübergreifend konsequent für Begeisterung zu sorgen. Chris Alheit aus Südafrika macht Weine, bei denen ich bisher jedes Mal entweder ehrfürchtig vor mich hin staune und argwöhnisch den Kopf schüttele oder mir angesichts ihrer puren Genialität anmutig die Gesichtszüge entgleisen.

Chris’ Idee vom Wein machen

Anlässlich der kürzlich stattgefundenen Feier zu 20 Jahren Großes Gewächs darf man ruhig nochmal erwähnen, dass in Deutschland das Ziel und das zugrundeliegende Konzept der Spitzenwinzer definitiv die Herausarbeitung von ortsspezifischen Lagen- bzw. Terroirtypizitäten ist. Durch die Betonung der Individualität der Großen Lagen und dem Vergleich von GGs aus der Südpfalz mit jenen von der Mittelmosel, soll der deutsche Spitzenwein wieder das Renommee erlangen, das er Anfang des letzten Jahrhunderts in der Weinwelt hatte. Das Vorbild ist dabei sicherlich das Burgund und Deutschland ist bei weitem nicht das einzige Land, das dem französischen Beispiel folgt.

Ich mag den Ansatz persönlich sehr und außerdem finde ich, dass er absolut in die aktuelle Zeit der fortschreitenden Individualität und Distinktion passt. Manch einem mag dieser Satz vielleicht etwas weit hergeholt, absurd oder gar prätentiös vorkommen, aber das ist mein Blog und manchmal muss der Mist, den ich im Kopf habe, auch einfach mal raus :).

Zurück zum Thema Wein. Auch Chris ist der Meinung, dass Südafrikas Regionen und Appellationen ihre ganz eigene Typizität und Charakteristik haben, welche es herauszuarbeiten und zu entdecken gilt. Das geschieht bei ihm in mehrfacher Ausführung. Zum einen macht er aus jeder seiner Lagen eigentlich nur einen Wein, der diesen Ort repräsentiert. Die Einschränkung wird gleich noch erläutert. Die meisten dieser “single-vineyard” Weine sind Chenin Blancs inklusive eines Semillon. Aus den Einzellagen werden allerdings auch Trauben für seinen wichtigsten Wein, den “Cartology”, verwendet. Dieser ist quasi ein überregionaler Blend, der Chris’ Interpretation eines prototypischen südafrikanischen Weißweins darstellt. Ich habe den 19er Cartology im letzten Jahr probiert und habe mich, wie einige Absätze weiter oben beschrieben, verhalten. Das hatte so viel Substanz, maritime Salzigkeit und Eleganz… so hatte ich Wein noch nie erlebt.

Der Wein

Der heutige Wein repräsentiert die zweite Herangehensweise zur Darstellung der Typizität eines Terroirs. Es gibt Alheit Vineyards Hemelrand Vine Garden 2019. Zu diesem Wein gibt es einiges zu sagen. Es handelt sich um eine Einzellage rund um das Weingut herum. Sie hat keinen besonderen Ruf, ist aber für die Art von Weinen, die Chris produzieren will, sehr gut geeignet. Der Wein wächst auf 360m über N.N. auf Sandstein und kieshaltigem Lehm. Der große Vorteil der Lage ist, dass es dort sowohl recht windig, als auch für südafrikanische Verhältnisse sehr kühl ist. Dadurch reifen die Trauben langsam und behalten eine gute Säure. Das Besondere an diesem Wein ist allerdings, dass er ein gemischter Satz ist, bei dem in jedem Jahr die Zusammenstellung etwas anders ist. Halt so wie es der Jahrgang hervorbringt. Der 19er besteht aus 32% Chardonnay, 25% Roussane, 25% Chenin Blanc, 13% Verdelho und 5% Gelbem Muskateller, was irgendwie erstmal nach einer wilden Mischung klingt. Allerdings muss ich gestehen, dass ich nach dem Öffnen der Flasche relativ schnell aufgehört habe, die einzelnen Rebsorten identifizieren zu wollen. Das ist einfach ein harmonisches Gesamtkunstwerk, das gar nicht auseinander analysiert werden muss. Nach der Lese wird der Wein spontan ohne Schwefelzugabe vergoren und liegt für insgesamt 18 Monate im gebrauchten Holz.

Im Glas

Die erste Nase ist gelbfruchtig, würzig und sehr charmant. Nach einigen Minuten kommt so eine Ahnung von Petrol und Reduktion, was ich hier erstmal nicht vermutet hätte. Am Gaumen ist der Wein einerseits extrem gut von Säure und Phenolik strukturiert, zeigt aber trotzdem auch etwas Schmelz. Darüber hinaus kommt der anfängliche Charme am Gaumen in Form einer leicht süßlichen und saftigen gelben Frucht zurück. Die Säure ist definitiv präsent und bewegt sich genau in dem Bereich, in dem der Wein weder bissig noch breit wird. Das ist schon sehr gekonnt. 14% Alkohol lassen eigentlich einen recht schweren Wein vermuten, aber das ist er kein bisschen. Er hat zwar sowohl Körper als auch Substanz, ist dabei aber kein bisschen üppig. Im Abgang dominieren dann wieder die feine Säure und eine fast endlose Mineralik. Nach drei Tagen offen nimmt sich der phenolische Grip am Gaumen ein bisschen zurück und macht Platz für mehr Würze, Kühle und ein wenig Honig in der Nase. Außerdem ist er deutlich saftiger und ganz leicht mostig geworden, weiß aber immer noch sehr zu beeindrucken.

Das Besondere an diesem Wein ist für mich aber hauptsächlich die innere Ruhe und Gelassenheit, die er ausstrahlt. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass er richtig Kraft und vor allem Strahlkraft hat. Für mich ist diese Art von Wein fast nicht zu toppen! (€€€)

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